Hirte von Ibérico-Schweinen

Zwar erfolgte die Schweineaufzucht herkömmlicherweise schon immer in Einzäunungen von nur wenigen Quadratmetern, doch in Regionen mit reichem Eichenbestand war es auch üblich, die Schweine im Herbst, d.h. zum Zeitpunkt der Eichelreife, zur Nahrungsaufnahme ins Freie zu lassen.

Im Grunde war es nichts anderes als eine kostengünstige Art der Mastzucht. In Extremadura, im Norden von Andalusien (Huelva, Córdoba, Sevilla) sowie im Süden von Kastilien und León (Salamanca, Ávila) gab es tausende von Hektar geeignetes Land. Einige Bereiche waren im Besitz von Gemeinden (kommunales Eigentum), andere hingegen in Privathand, doch alle boten Weiderechte im Gegenzug für sehr wenig Geld an.

Tatsächlich hat das Vorhandensein großer Flächen an Eichelbestand dazu geführt, dass die Ibérico-Rasse, das Pata-Negra-Schwein, nicht ausgestorben ist. Es handelt sich dabei um die am besten an ihre Umwelt angepasste Schweinerasse: Die Tiere sind flink und stark. Außerdem können sie große Distanzen zurücklegen sowie Hügel hinauf- und hinabsteigen. Darüber hinaus verfügen sie über eine gute Fettschicht, die sie bei Bedarf vor der in den um die 1000 Meter hohen Bergregionen herrschenden Kälte schützt. Der Großteil der zur intensiven Tierzucht verwandten weißen Schweine würden unter derartigen Bedingungen nicht überleben, weshalb in diesen Bereichen sich die einheimischen Ibérico-Rassen durchgesetzt haben.

Die Freilandernährung der Gegenwart

Es ist Aufgabe des Hirten (auch Pfleger bzw. Cuidador genannt), sich täglich um alle Tiere zu kümmern und Probleme wie beispielsweise Krankheiten, Wildschweinangriffe oder die Beschaffenheit und Menge der Eicheln, Gräser und Kräuter zu erkennen. Ferner muss er sich äußerst gut auf dem Hof (auch wenn dieser hunderte von Hektar umfasst) zurechtfinden und wissen, in welche Bereiche die Tiere zu führen sind. Die noch schlanken und flinken Schweine werden zuerst in höhere Lagen gebracht. Danach bleiben sie dann in den tiefer gelegenen Gebieten.

Viehtrieb von Ibérico-Schweinen von einem Gebiet ins andere in einem Weidegebiet im Grenzland von Spanien und Portugal.

Viehtrieb von Ibérico-Schweinen von einem Gebiet ins andere in einem Weidegebiet im Grenzland von Spanien und Portugal.

Die Zeit, die das Ibérico-Schwein in der Freilandaufzucht (der Montanera) verbringt, ist für die Herstellung von Jamón Bellota-Schinken die ausschlaggebendste Phase. Während eines Zeitraums von 2, 3 oder sogar 4 Monaten darf das Tier nicht erkranken und muss regelmäßig Fressen zu sich nehmen: nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Frisst es zu viel, verliert es an Beweglichkeit und entwickelt einen Überschuss an Fett. Dadurch wird das Schwein lauffaul und hat keinerlei Lust mehr, Hügel zu erklettern. Es gibt sich dann damit zufrieden, sich einfach ins Gras oder den Schlamm zu legen und zu warten, bis es wieder hungrig wird.

Auch ist es wichtig, dass mögliche Tierkrankheiten rechtzeitig erkannt werden, da das Schwein ansonsten Appetit und infolgedessen Gewicht verliert. Wenn nach der Genesung keine Eicheln mehr vorhanden sind, bleibt nur die Trockenfuttermast übrig, was wiederum eine beträchtliche Preiseinbuße bedeutet. Außerdem besteht auch immer das Risiko, dass der Rest der Herde innerhalb weniger Tage von der Epidemie ergriffen wird.

Hirte von Ibérico-Schweinen und Weidelandpfleger während der Montanera

Hirte von Ibérico-Schweinen und Weidelandpfleger während der Montanera im Jahre 2011.

Anders als Ziegen- und Schafhirten sind Schweinehirten bei Montanera gewöhnlich motorisiert unterwegs. Sie begleiten aber weder die Tiere, noch bleiben sie während der Nahrungsaufnahme bei ihnen. Die Hirten orten nur die Tiere, führen sie zu dem für sie an dem entsprechenden Tag vorgesehenen Bereich, und kehren erst bei Sonnenuntergang zurück, um sie wieder abzuholen. Während der restlichen Zeit sind die Hirten vor allem mit Wartungsarbeiten auf dem Hof – wie z.B. der Reparatur von Wegen und den hunderten von Kilometern langen, Weidegebiete trennenden Steinmauern – beschäftigt. Auch ist es wichtig, die zur Nahrungsaufnahme vorgesehenen Bereiche frei von Dickicht und Strauchwerk, die Aggressoren Schutz bieten und die Nutzfläche reduzieren, zu halten.

Solange Schweine nicht extrem hungrig sind, geht von ihnen keinerlei Gefahr aus. Sie sind ganz im Gegenteil Menschen gegenüber eher ängstlich eingestellt und nähern sich ihnen deshalb meistens auch gar nicht erst. Trotzdem erzählen alle Hirten den Kindern die gleiche Geschichte: In ihrem Dorf ging einmal ein Kind in einen Schweinestall und die Schweine ließen von ihm noch nicht mal die Knochen übrig. Das ist die blutige Version von dem, was offiziell als Hinweis zur Arbeitsunfallverhütung bezeichnet wird, ist aber wesentlich überzeugender.

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